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Dr.Alfred Harms


Kurzgeschichten

Die Windhose, ein außergewöhnliches Naturereignis in Gestorfs Fluren

07.08.1903
Der Aufenthaltsraum der Steinbrucharbeiter im Limberg wird bemängelt

1912
Pastor Ludwig Gottlob Sietz nimmt Abschied von Gestorf

1912/13
Zum 4. Mal lehnten die Gestorfer einen ihnen aufgezwungenen Pastor ab

04.05.1903

Die Windhose, ein außergewöhnliches Naturereignis in Gestorfs Fluren

(Eine Zusammenfassung von schriftlichen und mündlichen Überlieferungen)

Am Nachmittag um 16 Uhr ist die südwestliche und westliche Feldmark Gestorfs mit den anliegenden Waldungen in fürchterlichster Weise von einer Windhose getroffen. Von Gestorf aus war zu sehen, dass unter grellen Blitzen und furchtbaren Donnern ein Gewitter heranzog. Ganz plötzlich hörte man ein fernes, unheimliches Sausen und Brausen. Bald nahte sich eine umfangreiche, undurchsichtige, feurig-glühende Staubwolke in rasender Geschwindigkeit. Aus der Mitte des Dorfes schien es, als ob alle Häuser am Schafwege und im Süden des Dorfes in Feuer ständen.

Die auf den Äckern und in den Gärten beschäftigten Gestorfer liefen mit dem Rufe Feuer, Feuer nach ihren Häusern, der Schrecken war zu groß, aber es brannte nichts. Bald darauf sah man einen von Süden nach Norden ziehenden trichterförmigen, weißgrau glänzenden Keil am Himmel hinschweben, der mit einer Grundfläche am Himmel zu hängen schien, während sich die Spitze zur Erde hin auf- und abbewegte und gleichzeitig auch kreiselte. Sobald die Spitze den Erdboden berührte, wurde alles, was sich um den kreiselnden Durchmesser innerhalb des Trichters bis zur Grundfläche lag, kreiselnd emporgehoben. Das Naturschauspiel mit seiner verheerenden Auswirkung war eine Windhose.

Am Harberge, wo die Windhose ihren Zug begonnen hatte, wurden die Forsten der Halbmeier Köhler Nr.7 und Langeheinecke Nr.8 arg verwüstet. Eichenstämme waren in der Mitte abgebrochen, und die Enden mehrere Schritte weit wieder niedergelegt, gewaltige Buchen und Fichtenstämme mit großen Erdballen entwurzelt und gestürzt worden. In einem Zeitraum von wenigen Sekunden lagen dort 80 bis 100 Stämme am Boden. An der Landstraße nach Eldagsen, etwas südlich von dem Wege, der nach dem Südende des Limbergs führt, wurden etwa 15 Obstbäume nicht nur umgerissen, sondern teilweise auch weit hinaus aufs Feld gesetzt. Von dort aus nahm die Windhose glücklicherweise ihren Weg in die Mitte des Limbergs, dadurch blieb Gestorf verschont.

Die Verwüstung, die im Limberg angerichtet wurde, lässt sich kaum schildern. Eine ganze Waldabteilung prachtvollen Buchenbestandes war mit gewaltigen Wurzelballen niedergelegt und aufgewühlt. Solch ein Durcheinander hatten die Leute der Umgebung noch nicht gesehen. Von überall, auch aus Hannover, kamen täglich Tausende, um die Auswirkung eines seltenen Naturereignisses zu bewundern.

Vom Limberg zog die Windhose querfeldein nach dem Judenfriedhof zu und nahm alles, was in ihren Kreisel kam, mit. Heitmüllers und Dormeiers pflanzten Kartoffel im Einser Felde, sie wurden vom äußeren Kreiselbereich noch erfasst, überschlugen sich vielfach und landeten zuletzt im Graben. Ihre Körbe fanden sie nach längerem Suc hen in der Ferne wieder. Dem Molkereibesitzer Franz Bothe, der Butter nach Bennigsen gebracht hatte, wurde der Wagen auseinandergerissen. Das Pferd landete auf dem Acker und die Butterbehälter flogen in der Luft herum und wurden weit entfernt erst wiedergefunden. Pferde, Wagenteile von anderen Gespannen wurden niedergerissen und Menschen überschlugen sich in tollsten Purzelbumen.

Der Landwirt Ludwig Schrader Nr.83 (am Fritzen Teich wohnend) fand sich nach solcher Kreiselfahrt am anderen Ende seines Ackerstückes wieder neben seinem Pferde, das er noch schnell hatte losspannen können. Schrader hatte Wunden am Kopfe davongetragen und musste mehrere Tage wegen furchtbarer Kopfschmerzen das Bett hüten. Das Pferd war auch mehrere Tage nicht zu gebrauchen. Jürgens und Klingeberg Nr.22 erging es nicht viel besser. Letzterer holte des Abends mit einer Karre Teile seines Ackerwagens. In einem Rad war nicht mehr eine Speiche vorhanden. Es war vom Acker an der Bennigser Landstraße in der Windhose kreiselnd in die 3 bis 4 km entfernte Hüpeder Feldmark mitgenommen worden. An der Bennigser Landstraße beim Wellfeldpfarrland war die Windhose noch so stark, dass sie 2 an der Straße stehende Apfelbäume von bedeutendem Umfange mit den Wurzeln aus der Erde gerissen und 40 Meter entfernt auf das Pfarrland geschleudert hatte.

Die Gestorfer Einwohner dankten Gott, dass die Windhose mit ihrer unvorstellbaren Kraft am Dorf vorbeigezogen war.

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