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Kurzgeschichten


Dr.Alfred Harms

Vorwort

Geburt - Die Familie Prelle

Mein Heimatdorf Gestorf - Mein Vater - Unsere Wohnung

Doktor Fritze Thies, ein rauhbeiniger Landarzt aus Bennigsen

Meines Vaters Garten
tausende von Schneeglöckchen

Gartenspiele mit Nachbarskindern
Das Eingemachte

Die Hühner

Zweimal war im Winter Schlachtefest

Meine 3 kleinen Kaninchen und der große Kater

Ernst Lampe

Als Schüler in der Gestorfer Schule

Freude am Unfug
verführerisch langen Mädchenzöpfe

Der hohe Herr Schulrat aus dem Lande Sachsen

Kirche und Kirchgang am Weihnachtsabend

Ich musste die Betglocke zum Schlagen bringen

Spiele und Abenteuer in der Kirche

Wir spielten die neuesten Schlager auf der Orgel

Mit Zwillen-Geschossen ließ Hilmar die Uhrenglocke neunmal schlagen

Regenrinnenblei vom Kirchendach

Windhose im Mai 1903

Knabenschlachten

Das Eselgespann Hans und Grete

In der Haller fingen wir Krebse

1912 Kaisermanöver

1914 Der I. Weltkrieg

Pänder Wöhlecke

Brennholzversteigerung - Holzhacken

Mutter war für die Herstellung von Johannis- und Stachelbeerwein zuständig

Wir spielten auf dem Gut der v.Ilten

Lady, unsere kleine Terrierhündin

Zweimal war im Winter Schlachtefest

Wir hatten auch jährlich 2 Schweine, die wir selbst mästeten. Zweimal im Jahre war Schlachtefest. Jedesmal musste eines der Schweine sein Leben lassen. Damals war es noch keineswegs vorgeschrieben oder auch nur üblich, die Schweine vor dem Abstechen zu betäuben. So schrien sie denn furchtbar, ehe sie ihr Leben aushauchten und es gehörte in den Wintermonaten zum Tagesablauf im Dorfe, dass man morgens vom Todesgeschrei der Schweine geweckt wurde.

Am Schlachttage war die ganze Familie schon früh in Betrieb. Unser Hausschlachter, erst der Vater, dann der Sohn Georg Höfer, hielt es für richtig, die Schlachterei in einem Tage durchzuführen. War das Schwein draußen auf dem Hofe abgestochen, so wurde es dort in den breiten hölzernen Brennetrog gelegt, und darin mit kochend heißem Wasser, das wir aus der nahen Waschküche neben dem Stalle heranschleppten, mehrfach abgebrüht.

Dann wurde noch im Brennetroge mit einem scharfkantigen Blechbecher, in Gestorf auch Glocke genannt, die Borsten von der Haut regelrecht abgekratzt. Das ging nach dem Abbrühen im Handumdrehen. Die Borsten sammelte der Schlachter ein. Nach altem Brauch standen sie ihm zu, und er hatte von diesem in der Industrie vielfach verwendeten Rohstoff einen guten Nebenverdienst. War das Schwein blitzsauber, wurde durch die Sehnen der Hinterbeine eine Art hölzerner Tragschwengel gezogen, Krummstock genannt, und das schwere Schwein damit an einen großen, sehr fest in der äußeren Stallwand verankerten Eisenhaken so aufgehngt, dass der Rücken des Tieres zur Wand und der Kopf des Tieres nach unten hing. Erneut wurde es mit heißem Wasser bergossen. Sodann schnitt der Schlachter das Schwein fachmännisch auf. Kopf, Pfoten und bestimmte Fleischteile wurden abgetrennt und zum Kochen in den Kessel in die Waschküche getragen. Die Därme wurden in einer besonderen Wanne, einer hölzernen Molle, vielfach gereinigt. An dem Haken blieb der Restkörper des Schweines hängen, er musste mehrere Stunden gut auskühlen. Damit sich nicht Hunde oder andere Tiere ihren Bissen holen konnten, wurde von unten ein großer sauberer Leinensack über das Schwein gezogen.

Um die Mittagszeit wurde der Schweinekörper, der sich jetzt genügend abgekühlt hatte, in die Waschküche geholt. Dieser Schweinekörper wog bei unseren Schweinen, die wir nicht übermßig mästeten, immer noch etwa 2 Zentner. Schlachter Höfer zog den Leinensack ab, nahm das schwere Gewicht auf seine Schulter und trug es in die nahe Waschküche, wo es auf dem Schlachtetisch zerlegt wurde.

Die Hauptarbeit hatte sich inzwischen in die Waschküche verlagert. Die Fleischstücke im Kessel waren gar gekocht. Jetzt wurde dieses Fleisch durch den Fleischwolf gedreht und zwar immer bestimmte Stücke für die verschiedenen Wurstsorten, nämlich Knappwurst, Leberwurst und Rotwurst. Für die Mettwurst wurde erst später anderes Fleisch verwendet.

Das Drehen durch den Fleischwolf war Männerarbeit. Wenn man beim Durchdrehen helfen konnte,war man so gut wie erwachsen. Den Fleischbrei auf dem großen hölzernen Schlachtetisch mit Seitenwänden, Wurstebrett genannt, nahm nun der Schlachter in seine Mache. Die Wurst wurde nun je nach Art gesalzen und gepfeffert und mit allerhand sonstigen geheimnisvollen Zutaten gewürzt, damit sie ihren typischen Geschmack bekam. Jeder Hausschlachter im Dorfe hatte sein Geheimrezept, er ließ sich da auch nicht hereinreden. Wir sind immer mit unserem Hausschlachter und seinen Erzeugnissen hochzufrieden gewesen.

Brüderchen Hilmar landete mit dem sauberen Schweinekörper im Misthaufen

Als Hilmar schon lange zur See gefahren und ein kräftiger Matrose war, meinte er, als er beim Schlachtefest gerade zu Hause im Urlaub war, er könne das Schwein ebenso gut hereintragen wie der Schlachter, der eben eine Stunde im Dorfe abwesend war.

Na, wir zogen also den Sack herunter und gaben unserem großen Hilmar Hilfestellung, damit das Schwein gut auf seinen Schultern lag. Dann setzte sich Hilmar forsch in Marsch. Aber das Schwein war ihm wohl zu schwer oder es kam etwas anderes dazwischen. Jedenfalls drehte sich Brüderchen um sich selbst und saß mit dem schönen sauberen Schwein mitten im Misthaufen neben dem Stalle! Das war eine Geschichte. Wir hatten erst früchterlich gelacht, aber unsere gute Mutter war den Tränen sehr nahe und vor allen Dingen, bald musste der gestrenge Schlachter Höfer zurückkommen. Nicht auszudenken, wenn dieser das beschmutzte Schwein bemerkt hätte. So schafften wir es denn schnell mit vereinten Kräften in die Waschküche auf den Schlachtetisch, und dann haben wir gewaschen und gesäubert, jeden einzelnen Zentimeter. Als der Schlachter kam, hat er unseren großen starken Hilmar gelobt. Er hat nichts bemerkt, vor allem Mutter fiel ein Stein vom Herzen.

Dieses Schwein hat uns später besonders gut geschmeckt.
Aber Hilmars Heldentat -, wie oft ist sie noch unter uns erzählt worden.

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